Urostoma

Urostoma – künstlicher Blasenausgang

Einen neuen Teil an sich akzeptieren

Durch eine plötzliche Notwendigkeit eines Stomas kann sich vieles verändern.
Nicht so bei Herrn Friese. Wir waren bei Herrn Friese zu Besuch und haben über die Versorgung und das Leben mit einem Stoma gesprochen.

Hr. Friese
Hr. Friese

Steckbrief:

Name: Herr Horst Friese
Alter: 73 Jahre
Diagnose: Blasenkrebs
Stomaträger seit 2014

 

 

Herr Friese lud uns zum Interview zu sich ein, um über das leider häufig gesellschaftliche Tabuthema „Stoma“ zu sprechen und einen Einblick in Hürden und Alltäglichkeiten zu bekommen.

Stoma. Das bedeutet, dass ein künstlicher Ausgang gelegt werden muss, auf Grund einer Einschränkung der Funktion oder Erkrankung des Darm oder der Blase, durch eine Vorerkrankung oder einen Unfall.

Stomaformen

Ileostoma, Colostoma und Urostoma sind drei der Stomaformen.

Herr Friese ist nach einer Blasenkrebserkrankung auf ein Urostoma angewiesen.
Ihm wurde 2014 die Blase entfernt und anstelle dieser der künstliche Blasenausgang angelegt.

Entwicklung

Der Erkrankung ging eine lange Geschichte voraus. Zuerst war Herr Friese leidglich durch einige Blasenentzündungen eingeschränkt, zu der Zeit befand er sich mit Freunden auf einer Urlaubsreise „Inselspringen“ in Griechenland. Ziele waren Naxos, Santorin und Paros. Jeden Tag unterwegs mit dem Tagesrucksack. Er war generell sehr aktiv. Trieb gerne viel Sport, war Leichtathlet, spielte Fußball, turnte und war viel mit dem Fahrrad unterwegs.

Ein Bekannter gab ihm nach mehrmaligen Blasenproblemen den Ratschlag einen Urologen aufzusuchen, da eine solche Erkrankung nicht leichtfertig hingenommen werden dürfte. Herr Friese folgte dem Rat und so nahm die Krankheitsgeschichte seinen Lauf. Von Urologen, über Blasenspiegelung, Krankenhausaufenthalte, pathologischen Befunden, Operationen bis hin zum Verlust der Blase.

Diagnose

Bei den pathologischen Befunden wurde Blasenkrebs diagnostiziert. Die Tumore sind von der Blasenwand in die Blase hineingewachsen. Bei schweren Fällen wachsen sie durch die Blasenwand und gelangen so in den Bauchraum. Immer wieder wurde Herr Friese operiert und etwas aus der Blase mit Lasertechnik entfernt. Zusätzlich wurde die Blase mit Medikamenten durchgespült und therapiert. Am Ende war die Blase dermaßen entzündet und angegriffen, das sie entfernt werden musste.

Symptome

Richtige Symptome gab es nicht. Es waren praktisch nur die Blasenentzündungen, die sich über 1-2 Tage zogen. Weitere negative Nebeneffekte waren die ständigen mehreren nächtlichen Toilettengänge und Krankenhausaufenthalte.

Zusätzliche Hürden wurden Herrn Friese nach der Operation, durch die Notwendigkeit von Wunddrainagen, Narbenentzündungen und Chemos in den Weg gestellt. Vor allem nach der Blasenentfernung erwiesen sich die Wundversorgung und der Heilprozess als Geduldsprobe. Aber auch diese Hürden meisterte er.

Krankheits- und Behandlungsverlauf

Der Krankheits- und Behandlungsverlauf zog sich über ganze 7 Jahre und so wurde er letztendlich 2014 zum Beutelträger. Welche Ursache seiner Erkrankung zu Grunde liegt, weiß Herr Friese nicht. Er ist froh, dass er die Versorgung mit dem Urostoma hat und diese eine so große Hilfe für ihn ist.

Stoma Versorgung

Herr Friese wurde nach der Operation von einer Stoma Therapeutin des Sanitätshauses Tingelhoff, welche die Stoma-Therapie in der Klinik durchführt, in Umgang und Versorgung genauestens eingewiesen.

Die erste Schwierigkeit, die sich zeigte, waren Hautirritationen an der Stelle, wo Herr Friese den Stomabeutel an der Bauchdecke befestigt. Hierfür erhielt er von meiner Kollegin, nach entsprechender individueller Beratung die passende Salbe, die er bis heute benutzt und mehr als zufrieden damit ist.

Konfrontation – Stoma

Ansonsten kam Herr Friese von Anfang an wunderbar mit der Veränderung klar. Das etwas sich verändert hat, dass man den Versorgungswechsel in das Leben integriert, ständig mit Equipment versorgt wird und dieses im Kopf haben sollte. Sonst gibt es für Herrn Friese weder Nachteile noch Schwierigkeiten.

„Tja, Nachteile? Ich bin ja froh, dass ich das Ding habe. Im Grunde habe ich ja nur Vorteile davon.“

Ein ständiger Lernprozess

Auch kleinere Malheurs hatte Herr Friese schon in den zwei Jahren als Beutelträger. Er meint es sei ein Lernprozess mit dem Stoma umzugehen und die richtigen Handgriffe zu entwickeln.
Die Einstellung ist bewundernswert. Herr Friese hat das Stoma als seine neue Blase direkt angenommen und kommuniziert es in seinem Leben auch dementsprechend.

„Ganz genau, wer etwas wissen wollte, kriegt es gesagt! Also da gab es keine Probleme oder Geheimnisse. Ja du, ich habe eine Blasenoperation gehabt und das ist jetzt meine Blase“

Auch mit Stoma – Teilhabe am Leben

Bereits vor der Erkrankung ging Herr Friese gerne Wandern. Nach der OP konnte er leider kräftemäßig noch keine Wanderungen  führen, doch in der AHB (Anschluss-Heilbehandlung) konnte er wider Kraft aufbauen. Seit Mai 2015 ist er bereits wieder mit seiner Truppe unterwegs und wird im Sommer diesen Jahres  eine weitere Wanderung führen. Mit einer Gruppe von 10 Leuten wird Herr Friese eine Woche im Weserbergland unterwegs sein. Letztes Mal war er der Schwächste aus der Truppe, aber auch das war kein Problem, da die Truppe Rücksicht auf die noch fehlende Kondition und Kraft von ihm nahm. Auch mit dem Rad ist er wieder unterwegs und möchte dieses Jahr wieder mit seiner Frau eine Tour mit Sack und Pack den restlichen Weserradweg machen. Mit Zwischenetappen werden die beiden etwa 500 km zurücklegen, das ist zwar weniger als vor der Erkrankung aber man muss natürlich auch an die Veränderungen denken.

Unterstützung erhält er ebenfalls von einer Selbsthilfegruppe, die sich jeden 3. Mittwoch im Monat trifft. Dort fühlt er sich unter Gleichgesinnten gut aufgehoben und ist froh, dass man offen über Probleme reden kann, neue Leute kennen lernt und sich austauscht. Auch gemeinsame Ausflüge werden unternommen, wie eine Ausflugsfahrt mit der „Santa Monika“ auf dem Datteln-Hamm Kanal.

„Selbsthilfegruppe finde ich gut. Sonst ist alles locker flockig. Man kann sich austauschen, offen reden und das finde ich gut und ich kann es nur empfehlen.“

Als wir Herrn Friese zum Abschluss nach einem Rat für andere Betroffene fragten, da er mit einer sehr positiven Einstellung mit dem Stoma lebt, sagte er:

„Ich sag mal, wer satt ist, kann gut hungern. Mir geht es gut. Man muss sich drüber unterhalten, man muss drüber reden, man muss versuchen frei zu werden. Einfach den Schalter im Kopf umdrehen. Das Duschen nach dem Reha Sport ist eine ganz normale Sache. Auf die Fragen: „Was hast du denn da?“  Dann habe ich die Erkrankung erklärt und mein Verhalten wurde gut befunden und akzeptiert.“

Also sollte man versuchen, dass Stoma als einen neuen Teil von sich selbst zu akzeptieren und es nicht selbst zum Tabuthema machen. Wie das eigene Umfeld auf einen reagiert, kommt auf die eigene Einstellung an und wie man nach außen wirkt und wie man mit dem Umfeld kommuniziert.

„Es geht nicht anders und warum soll ich mir da jetzt weiter einen Kopf drum machen. Das ist die Lösung, die man mir anbietet und das ist der Strohhalm und den muss ich nehmen“

Wir bedanken uns recht herzlich, dass wir die Chance erhalten haben mit Herrn Friese, einem sehr positiv und selbstbewusst eingestelltem Mann, über das schwierige Thema Stoma sprechen zu dürfen und wünschen ihm und seiner Familie weiterhin alles Gute und eine gesunde, erfolgreiche und glückliche Zukunft.

 

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