Lymphies aus dem Pott

Die Lymphies aus dem Pott – Selbsthilfe macht Mut

Interview mit Frau Tillmann Teil 1

Lymph Selbsthilfegruppe. Aufgrund von Corona ist es uns dieses Jahr leider nicht möglich, Veranstaltungen im Rahmen des Lymphnetzwerkes durchzuführen. In diesem Sinne haben wir uns gedacht, dass wir stattdessen mit verschiedenen Teilnehmern und Mitgliedern des Lymphnetzwerks kleine themenbasierte Interviews führen. So können wir Mitglieder dieser sinnstiftenden und sympathischen Gruppe porträtieren und Sie, liebe Leser, zum Thema informieren und dabei gleichzeitig die Coronaregeln einhalten. Für uns ein guter Kompromiss! Wir beginnen unsere neue Blogreihe mit einem Interview mit der Selbsthilfegruppe „Lymphies aus dem Pott“, die seit 2016 existiert. Hierzu wurde die Gründerin der Gruppe, Frau Tillman, von uns interviewt.

Das Interview – ,,Lymphies“

Frau Schröder (Lymphteam, Sanitätshaus Tingelhoff): Herzlich Willkommen Frau Tillmann! Wir freuen uns sehr, dass Sie heute die Zeit dazu gefunden haben, zu uns ins Sanitätshaus Tingelhoff zu kommen. Wir würden heute gerne das Thema Selbsthilfegruppen im Hinblick auf Patienteninnen oder Patienten, die an Lip- oder Lymphödem erkrankt sind, besprechen.
Wie ist es zur Gründung dieser Gruppe mit dem besonderen Namen „Lymphies“ gekommen und was hat dieser zu bedeuten?

Frau Tillmann: „Lymphies aus dem Pott“ ist daraus entstanden, dass ich vorab für mich recherchiert habe, ob und welche Gruppen in der Umgebung bereits bestehen. Allerdings waren die Namen und die Inhalte dieser Gruppen mir einfach zu trocken und steril. Dementsprechend habe ich über etwas mit mehr Charakter/Aussagekraft nachgedacht und mir kleine Wortspielereien überlegt. So bin ich recht schnell auf den Namen „Lymphies aus dem Pott“ gekommen. Lymphies natürlich in Bezug auf das Krankheitsbild der Betroffenen und Pott aus dem Grund, da dies für unsere Herkunft und unseren Bezug zur Region steht. Fast alle unsere Mädels kommen nämlich aus dem Ruhrgebiet. Weit verbreitet und verteilt von Dortmund bis Duisburg und sogar bis ins Sauerland hinein.

Gründung

S: Was war denn der genaue Grund für die Gründung?

T: Ich war zuerst in vielen Facebook-Gruppen unterwegs, wo ich immer wieder gesehen habe, dass Betroffene nach Selbsthilfegruppen im Raum Dortmund gefragt haben, wonach ich selbst auch auf der Suche war. Ich habe dann aber nicht lange gefackelt und selbst die Chance ergriffen und eine Umfrage gestartet, wie genau denn das Interesse nach einer Gruppe hier im Umfeld vertreten sei. Durch positives Feedback und große Nachfrage kam es dann im Jahr 2016 zur Gründung.

Lip- und Lymphödem Fakten

S: „Lymphies“ heißt, dass sich Menschen zusammenfinden, die unter Lip- und Lymphödem leiden. Was ist das genau für ein Krankheitsbild und wodurch zeichnet sich die Krankheit aus?

T: Unsere Mitglieder leiden alle unter Lymph- oder Lipödem und die meisten davon schon seit der Pubertät. Es ist eine chronische und damit unheilbare Krankheit. Somit ist leider ein sehr langer Leidensweg mit dieser Krankheit verbunden.

Interview mit Frau Tillmann

S: Worunter genau leiden die Betroffenen besonders?

T: Also beim Lipödem sind überwiegend Frauen betroffen. Das Lymphödem kann sowohl bei Frauen als auch bei Männern auftreten. Dabei sind meistens Arme sowie Beine von der Krankheit gekennzeichnet. Die Arme, die Beine oder sogar beides schwellen im Laufe der Krankheit an und sind teilweise von blauen Flecken geprägt. Dabei verspüren betroffene Personen große Schmerzen und sind an einigen Stellen extrem druckempfindlich. Außerdem kommt es zu Lymphwassereinlagerungen im Gewebe – und das alles ein Leben lang.

S: Schrecklich, kommt es auch zu psychischen Auswirkungen während der Krankheit? Man kann sich gut vorstellen, dass wenn jemand unter so einem Krankheitsbild leidet, man dies nicht eben mal so wegstecken kann.

Lip- und Lymphödem – Psychische Belastungen

T: Ich kann nur aus der Sicht unserer Gruppe sprechen, aber solche psychischen Belastungen gehören leider genauso zur Krankheit dazu. Einige Leute von uns nimmt die Krankheit psychisch sehr mit, da man körperlich immer weiter „auseinanderfällt“. Vor allem bei einer Frau kann das sehr am Selbstwertgefühl kratzen. Viele Frauen, die unter der Krankheit leiden, haben teilweise einen superschlanken Oberkörper und alles, was unter der Gürtellinie ist, wirkt fast wie „mutiert“.

In der Öffentlichkeit kann es nämlich dazu führen, dass man ab und zu mal einen blöden Kommentar deswegen abbekommt, besonders im Sommer. Oft wird gedacht und einem der Vorwurf gemacht, dass man zu viel esse. Dabei haben viele von den Betroffenen sogar darüber hinaus auch noch eine Essstörung und probieren alles, um abzunehmen, um nicht weiter „aufzuquellen“. Ich habe früher teilweise aufgrund dieser psychischen Belastung und dem Willen, etwas dagegen zu tun, nur eine Mahlzeit am Tag gegessen. Ich musste in der Reha dann erstmal lernen, vernünftig und regelmäßig zu essen.

S: Wirklich unglaublich! Sie treffen sich regelmäßig mit Ihrer Gruppe, wie kann man sich so ein Treffen vorstellen, wie läuft das ab?

Monatliches Treffen

T: Wir treffen uns jeden ersten Samstag im Monat im Café Hemmer in Dortmund. Da ist immer eine kleine ruhige Ecke für uns reserviert. Wir haben sehr große Altersunterschiede innerhalb unserer Gruppe. Das geht von Ende 20 bis zum Lebensalter von Anfang 70. Also mehrere Generationen an einem Tisch und wir quatschen wirklich über alles, was gerade so anliegt – es macht wirklich Spaß. Thematisiert wird dabei alles rund um das Krankheitsbild, ob es da was Neues gibt, neue Versorgungen, Ärzte … aber das ist bei uns nicht Hauptthema, was uns sehr wichtig ist. Denn es geht viel mehr ums Alltägliche und das Zusammensein mit Gleichgesinnten. Wir wollen einfach miteinander einen schönen Tag verbringen, ohne schief angeschaut zu werden. Solche Treffen lassen einem manchmal die Sorgen vergessen und geben viel Kraft.

Lymphies aus dem Pott

Mit dieser durchaus positiven Botschaft beenden wir den ersten Teil des Interviews. Insgesamt wird deutlich, dass ein Leben mit einer lymphatischen Erkrankung kein leichtes ist, man durch eine Selbsthilfegruppe sich selbst jedoch viel Mut machen und das Leben erleichtern kann. Im zweiten Teil wird das Interview fortgesetzt. Frau Tillmann berichtet über Tipps, was man als betroffene Person beachten sollte, und worauf es bei einer guten Versorgung ankommt. Die Verbindung zum Lymphnetzwerk Dortmund wird ebenfalls Thema sein.

Über diese Kontaktmöglichkeiten können Sie die Selbsthilfegruppe kontaktieren und verfolgen:
Facebook

Skip to content